Mythen rund um den Hund

Mythen rund um den Hund

Oft neigt der Mensch dazu, dem Hund menschliche Fähigkeiten zu unterstellen und ihn zu vermenschlichen. Eigene Verhaltensweisen werden dann auf den Hund übertragen. Dass dies nicht immer richtig ist, zeigen die folgenden Beispiele:

1. Hunde haben ein schlechtes Gewissen

Viele Hundebesitzer glauben, dass ihr Hund ein schlechtes Gewissen zeigt, wenn er etwas getan hat, was er eigentlich nicht soll oder darf: auf dem Bett oder der Couch liegen, Papier zerfetzen, Essen vom Küchentisch klauen oder Schuhe annagen. Eine geduckte Körperhaltung, eingezogener Schwanz und Beschwichtigungssignale werden dann von den meisten Hunden gezeigt und von den Menschen als Ausdruck des schlechten Gewissens interpretiert. Tatsächlich jedoch handelt es sich oft um ein verknüpftes Verhalten: Der Hund hat in der Vergangenheit ein bestimmtes Verhalten, z. B. dass er auf der Couch gelegen hat, mit dem Schimpfen seiner Menschen verknüpft, die ihn dabei erwischt haben. Diese Verknüpfung lässt ihn nun in folgenden, ähnlichen Situationen Signale senden in der Hoffnung, seinen Menschen damit beschwichtigen zu können. Dabei geht es ihm primär darum, Unannehmlichkeiten, wie Schimpfen zu vermeiden. Ein echtes schlechtes Gewissen hat er nicht, weil Hunde nicht in der Lage sind, Moralvorstellungen zu entwickeln und „richtig“ von „falsch“ zu unterscheiden.

Die Verknüpfung von Aktion (auf der Couch liegen, obwohl es nicht erlaubt ist) und Reaktion (Ausschimpfen) erfolgt dann, wenn die Reaktion innerhalb kürzester Zeit auf die Aktion erfolgt. Deshalb ist es auch wenig sinnvoll, den Hund beim nach Hause kommen auszuschimpfen, wenn die Aktion schon länger zurückliegt. Der Hund wird das Schimpfen nicht auf seine Aktion zurückführen, sondern eher mit dem Nachhause-kommen seines Menschen verknüpfen.

2. Der Hund hat seinen eigenen Kopf und tut etwas nur dann, wenn er es will

Beim Training in der Hundeschule klappt es immer wunderbar: Der Hund hört auf Kommando, macht Sitz und Platz und zerrt überhaupt nicht an der Leine. Zu Hause und im Alltag hingegen scheint er „Platz“ noch nie gehört zu haben und gebärdet sich an der Leine wie eine Furie. Was viele zur Verzweiflung treibt und mitunter zu der Annahme verleitet, der Hund wolle sie ärgern, in dem er einfach nicht gehorcht, hat seine Ursache im Lernverhalten des Hundes. Hunde lernen nämlich orts- und situationsbezogen. Sie verknüpfen eine Übung oder das Trainieren eines Kommandos mit ihrer Umgebung und der entsprechenden Situation (Gerüche, Geräusche etc.). In einer neuen Umgebung sind sie anderen Eindrücken und Ablenkungen ausgesetzt. Es herrscht eine andere Situation. Hier müssen sie erst lernen, dass „Platz“ auch hier das Gleiche bedeutet, wie beim Training in der Hundeschule. Es ist also etwas Geduld und Konsequenz des Hundehalters erforderlich, mit dem Hund an verschiedenen Plätzen und in verschiedenen Situationen ein bestimmtes Verhalten zu trainieren.

3. Der Hund ist dominant und muss ab und an eine Ansage bekommen, um seine Stellung zu kennen

Wenn der Hund knurrt, weil man ihn von der Couch schubst oder in die Nähe seines Fressnapfes kommt, wird schnell die Vokabel „Dominanz“ bemüht: Der Hund zeige ein sehr dominantes Verhalten und es müsse ihm durch Unterwerfungsmaßnahmen wieder sein Platz im „Rudel“ gezeigt werden. Das stimmt nicht. Laut aktuellen Studien an Straßenhunden müssen diese keine Rudel und Hierarchien bilden, um zu überleben, sofern die wichtigen Ressourcen Futter, Wasser, Schlafplatz usw. zur Verfügung stehen. Sie werden diese Ressourcen aber durchaus gegen andere (Hunde) verteidigen.

Übertragen auf den Haushund könnte dies bedeuten, dass er ohne vorgegebene Strukturen bestimmte Ressourcen für sich beanspruchen könnte. Wenn er also von sich aus auf das Sofa sprang, dort liegen bleiben durfte und aus irgendwelchen Gründen dies nun nicht mehr darf, dann könnte er die Ressource Sofa gegen seine Menschen verteidigen und diese anknurren. Hier geht es dann aber weniger um ein Dominanzverhalten, mit dem er sich über seine Menschen stellen möchte, sondern vielmehr um die Verteidigung einer für ihn wichtigen Ressource. Um dem vorzubeugen, sollte immer der Mensch der „Herr“ über die Ressourcen sein und dem Hund Zugang dazu gewähren. So versteht der Hund, dass nicht er diese Ressourcen zu beanspruchen hat, er sie aber durchaus nutzen darf.

4. Ein Welpe steht unter Welpenschutz

Die Annahme, ein Welpe stehe bei älteren Hunden unter Welpenschutz und ihm könne daher nichts passieren, ist leider falsch. Der Welpenschutz existiert wie bei den Wölfen nur im eigenen Rudel bzw. der eigenen Hundefamilie und auch hier haben sie keine Narrenfreiheit. Fremde, ältere Hunde müssen den Welpen nicht zwingend akzeptieren und können ihm gegenüber auch ruppig werden, etwa weil ihnen das aufgeregte Verhalten des Kleinen zu ungestüm ist oder sie sich durch ihn bedroht fühlen. Es sei denn, sie sind an Welpen gewöhnt und auf diese sozialisiert. Ein Welpe ist noch deutlich verletzlicher, als ein erwachsener Hund. Ein negativer Kontakt mit einem anderen Hund kann dafür sorgen, dass er später echte Probleme mit Artgenossen haben könnte. Daher sollte ein Welpe immer unter Beobachtung sein und keinesfalls einfach auf andere Hunde zulaufen dürfen.

Bildquelle: Eric Isselee / Stock-Foto-ID: 62024965 / Shutterstock.com